Planetenaufnahmen mit der Webcam

Saturn am 7.1.2005 um 01:30 MESZ
 
 
 
Gegenüber der Kleinbildfotografie hat die Verwendung einer Webcam bei Planetenaufnahmen entscheidende Vorteile. Aufgrund des gegenüber dem Kleinbildformat nur etwa 1/9 so großen CCDs der Webcam wird für einen bestimmten Bildausschnitt auch nur 1/9 der Brennweite benötigt. Bei einem gegebene Objektivdurchmesser bedeutet dies 81 mal so viel Licht auf der Bildebene. Dadurch kann die Belichtungszeit entsprechend kürzer gewählt werden, was wegen der stets vorhandenen Luftunruhe schärfere Bilder gibt. Die Luftunruhe, das Seeing, geht durch die hohe Vergrößerung bei Planetenaufnahmen besonders in das Bildergebnis ein.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Webcam einen kontinuierlichen Bilderstrom aufnehmen kann. Programme wie etwa Giotto können nun einen solchen Bilderstrom in seine Einzelbilder zerlegen, diese Einzelbilder nach ihrer Schärfe analysieren und sortieren und eine frei wählbare Anzahl der schärfsten Bilder zu einem Summenbild überlagern, wobei Ortveränderungen des Planeten automatisch ausgeglichen werden. So entsteht ein Summenbild, dass zwar auf den ersten Blick relativ unscharf erscheint, dass aber mit sehr starken digitalen Schärfefiltern weiterbearbeitet werden kann: aufgrund der Addition vieler Einzelbilder ist das Summenbild nämlich sehr rauscharm, so dass die für Schärfefilter typischen Artefakte erst relativ spät auftreten.

Wichtig für eine gute Planetenaufnahme ist nun die Wahl der Anzahl der zu überlagernden Einzelbilder. Grundsätzlich gilt: das Rauschen nimmt mit der Wurzel der Anzahl der überlagerten Einzelbilder ab. Ein Summenbild aus 100 Einzelbildern ist also nicht 1/100 so verrauscht wie ein einzelnes Bild, sondern nur 1/10 so verrauscht.
Es gilt also, möglichst viele Einzelbilder zu überlagern. Wieviele soll man also aufnehmen und wieviele davon verwenden?

Dies läßt sich aber nicht pauschal sagen, da viele Parameter eine Rolle spielen. Bei schlechtem Seeing und Belichtungszeiten von mehr als 1/50 Sek. tut man gut daran, möglichst lange Sequenzen eines Planeten aufzunehmen - etwa Sequenzen mit bis zu 2000 - 3000 Bildern - und dann die Verwendungsrate gering einzstellen - etwa 5 bis
10 %. Dies führt zur Überlagerung von 100 bis 300 Bildern. Tendenziell ist es günstig, die Signalverstärkung der Kamera hochzuregeln (allerdings möglichst nicht auf Maximum) und die Belichtungszeit kurz zu halten. Das starke Bildrauschen wird durch genügend aufaddierte Einzelbilder dann wieder ausgeglichen.
Bei Jupiter ist darauf zu achten, dass die Aufnahmedauer 2 Minuten insgesamt nicht überschreitet, da er sehr schnell rotiert. Bei 15 Bildern pro Sekunde ergibt dies 1800 Bilder. Bei manchen Webcams bzw. bei Computern mit USB-1.1-Schnittstelle ist es nicht ratsam, mehr als maximal 15 Bilder pro Sekunde aufzuzeichnen. Sonst wird die AVI-Bildsequenz stark datenreduziert, was die Bildqualität beeinträchtigt.

Günstig ist generell, ein möglichst kleines Pixelraster bei der Aufnahme einzustellen. So kann bei der Phillips Toucam statt der vollen Auflösung von 640x480 Pixeln ein kleinerer Bildausschnitt von 352x288 Pixeln eingestellt werden. Hierbei werden lediglich die Pixel im Zentrum des Sensors ausgelesen. Die Pixelauflösung bleibt dabei erhalten, doch Datenstrom und Dateigröße reduzieren sich auf ein Drittel. Grundsätzlich gilt: so wenig dunkles Umfeld um den Planeten herum mit aufnehmen wie möglich. Vorsicht aber: die Webcam-Software stellt meist noch weitere Pixelformate zur Verfügung, bei denen auch Pixel zusammengefasst werden, so dass dann die Pixelauflösung reduziert wird. Solche Modi sollten nicht gewählt werden. Grundsätzlich sollte auch die Tonaufnahme deaktiviert sein.

Im Nachfolgenden wurde fünf mal dieselbe Saturnsequenz aus 630 Einzelbildern mit unterschiedlichen Verwendungsraten zu je einem Summenbild aufaddiert und anschließend relativ stark schärfengefiltert und farbkorrigiert.








Die Unterschiede im Bildrauschen sind deutlich zu erkennen; es nimmt von einem Bild zum anderen immer um den Faktor 0,7 ab (Kehrwert von Wurzel 2). Es ist aber auch zu erkennen, dass die Steigerung von 252 aufaddierten Bildern auf 504 Bilder keinen sichtbaren Vorteil in Bezug auf das Bildrauschen mehr bringt. Dies wäre erst bei noch stärkerer Schärfenfilterung der Fall. Dann allerdings ist schon mit Artefakten aufgrund der Filterung zu rechnen. Bei dieser Videodatei von 630 Bildern und mittlerem Seeing stellen 250 Einzelbilder also einen günstigen Wert dar.

In dieser Animation (450 KB) kann der Sachverhalt besonders gut beurteilt werden.
 
> Arbeitstechniken: Mars im Infraroten
> Arbeitstechniken: Mars als Inrarot-Farb-Komposit
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Stand: 9.1.2005


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