Strichspuraufnahme der Sonnenfinsternis 2006 mit einer Panorama-Lochkamera
 

 
Dieses Bild wurde in Sterne und Weltraum 6/2006 abgedruckt
 
 
Schon beim Venustransit 2004 experimentierte ich mit einer Lochkamera für astronomische Aufnahmen. Zur Sonnenfinsternis 2006 in der Türkei realisierte ich nun ein anderes Experiment: die gesamte Sonnenfinsternis in einem Bild. Hierzu sollte über den ganzen Tag lang belichtet werden. Da die Sonne um mehr als 180° über den Himmel wandern würde, ist eine solche Aufnahme nur mit einer Panoramakamera zu machen. Besonders einfach lässt sich eine Panorama-Lochkamera bauen. Wegen der hohen Lichtintensität der Sonne fällt der Nachteil der geringen Blendenöffnung bei der Lochkamera nicht ins Gewicht. Um den unterschiedlichen Sonnenstand auszugleichen, baute ich die Kamera mit dem Loch oben. Die Kamera bestand aus einer Papprolle mit zwei Metalldeckeln. Das Loch von 0,4 mm Durchmesser wurde wieder mit einer Nadel in eine Alufolie gestochen, die auf den oberen Deckel geklebt wurde. Die fertige Kamera hat einen Durchmesser von 13 cm, eine Höhe von 16 cm und ein Aufnahmeformat von 12 x 19 cm.

 


 
Die effektive Brennweite der Kamera vom jeweiligen Sonnenstand abhängig. Sie berechnet sich wie folgt:
 
         f eff = r / cos x
 
Hierbei ist r der Radius des Papprohrs mit 64 mm ist und x der Winkel der Sonne über dem Horizont. Bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ist die effektive Brennweite identisch mit dem Radius des Papprohrs. Am Mittag des 29.3.2006 stand sie in Kumköy 56° 36' über dem Horizont und die effektive Brennweite der Lochkamera betrug 116 mm. Zur Mitte der Totalität stand die Sonne 54° 3' hoch und die effektive Brennweite lag bei 110 mm. Wegen der um das Loch gewölbten Filmbahn erscheint die Strichspur in der Form einer Sinuskurve. Im Grunde spiegelt die Panorama-Lochkamera die Funktionsweise einer Sonnenuhr wieder.
 
> Funktionsskizze der Sonnenfinsternis-Strichspur-Panorama-Lochkamera
 
Das Bild unten zeigt die Kamera auf dem Kopf stehend mit geöffnetem Deckel. Innen befindet sich die Film- führung in Form von zwei geschwärzten Holzleisten, zwischen die das passend geschnittene Fotopapier geklemmt wurde (der helle Bereich). Der dem Fotopapier gegenüber liegende Teil der Wandung ist geschwärzt, um den Einfluss des vom weißen Fotopapier reflektierten Lichts zu minimieren. Unten erkennt man durch den quadratischen Ausschnitt des oberen Deckels die Alufolie mit dem 0,4 mm großen Loch. Durch das im Zentrum des Deckels angebrachte Loch wird ein Teil des Lichtabfalls wieder korrigiert.
 

 
Als Aufnahmematerial verwendete ich Agfa Record Rapid Fotopapier. Die Entwicklerchemikalien nahm ich in die Türkei mit, damit ich noch Testaufnahmen machen konnte - in München war es die Woche vor der Abreise komplett bedeckt gewesen. Als unerwartet schwierig stellte sich die Ermittlung der richtigen Filterung heraus. Nicht weniger als vier Testaufnahmen nahm ich in den beiden Tagen vor der Sonnenfinsternis auf, die im Badezimmer des Hotels entwickelt werden mussten, bis die richtige Filterung feststand. 
   

 
Entwicklung einer Testaufnahme im Hotelzimmer unter improvisierten Umständen...
 
 

 
Die vorletzte Testaufnahme war noch zu stark belichtet. Man erkennt, dass der diffuse Himmel zu zu viel Streulicht führt und die Strichspur der Sonne ausfrisst. Als richtig stellte sich eine Filterung mit einer Baader- Sonnenfolie ND 5.0 plus einem Stück Rettungsfolie, die zusammen auf das Loch geklebt wurden, heraus. Mit dieser Filterung wurde dann am Tag der Sonnenfinsternis von 10:55 bis 18:55 Uhr, also genau 8 Stunden lang, belichtet.
 
Hier das - seitenverkehrte - Originalbild:
 

 
Die Strichspur beginnt (im Original rechts) um 11:00 Uhr, also 5 Minuten nach Beginn der Belichtung, da zu diesem Zeitpunkt die Sonne um die Gebäudeecke herum auf das Loch traf. Die Strichspur endet mit dem Verschwinden der Sonne in einer Wolkenbank 20 Minuten vor Sonnenuntergang. Die Dauer der Strichspur beträgt daher exakt 7 Stunden und 55 Minuten.
 
 
Objekte Sonne und Mond
Datum
29.3.2006
Uhrzeit
07:55 bis 15:55 UT (10:55 bis 18:55 GSZ)
Optisches System
Panorama-Lochkamera mit zylindrisch gewölbtem Bild
effektive Brennweite
64 mm bei Sonnenaufgang
116 mm am Mittag
110 mm bei Totalität
Blende
160 bis 290
Filmmaterial
Agfa Record Rapid
Entwicklung
Rodinal 1+20, 3 Min.
Filter
Baader Sonnenfolie ND 5.0 plus
Rettungsfolie
Belichtungszeit
8 Stunden
 
 
> Funktionsskizze der Sonnenfinsternis-Strichspur-Panorama-Lochkamera
> Berechnung einer Panorama-Lochkamera
> Bau einer Lochkamera allgemein
 


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