Optikpark Rathenow, August 2011
 

  
Dieses Schaubild aus der Ausstellung zeigt den Strahlengang im von Edwin Rolf gebauten und von Ludwig Schupmann konzipierten Brachymedial. Das Licht fällt in die Objektivlinse mit 700 mm freier Öffnung, die als einfache Sammellinse ausgeführt ist. Am Ende des Tubus, etwa auf der Hälfte der Brennweite des Gesamtsystems, sitzt ein Kompensationssystem, das aus einer Zerstreuungslinse und einem ebenfalls als Zerstreuungslinse ausgeführten Rückseitenspiegel (Manginspiegel) besteht. Das Licht geht zwei Mal durch die beiden Zerstreuungslinsen des Kompensationssystems. Das Kompensationssystem kann, da es im konvergenten Strahlengang sitzt, mit deutlich geringerem Durchmesser als die Hauptlinse gebaut werden. In der Mitte des Tubus trifft das Licht auf einen um 45° gewinkelten Planspiegel, wie in einem Newton-Spiegelteleskop, und wird in die hohle Drehachse des Tubus gelenkt (Coudé-Fokus). Hier sitzt noch ein Linsensystem zur Farbkorrektur. Das Brachymedial nach Schupmann zeichnet sich durch die nahezu vollständige Korrektur aller Farbfehler aus. Gegenüber einem Refraktor gleicher Öffnung und Brennweite ist die Frontlinse sehr viel einfacher zu fertigen und auch nicht so schwer, so dass sie sich nicht durchbiegt.
Als Besonderheit des Rathenow-Medials wird als Sucherstrahlengang das durch den Umlenkspiegel abgeschattete Licht ebenfalls verwendet. Dies geschieht über einen zweiten Umlenkspiegel. Vor diesem sitzt ein Linsensystem zur Brennweitenverkürzung. Auf diese Weise kann während einer fotografischen Aufnahme mit dem Suchersystem - genau in der optischen Achse! - nachgeführt werden.
 
Die Bauform des Brachymedials hat gegenüber klassichen zwei- oder mehrlinsigen Refraktoren etliche Vorteile, vor allem die auf etwa die halbe Brennweite verringerte Tubuslänge und die sehr viel leichterer Hauptlinse, und das alles bei nahezu vollkommener Farbfehlerfreiheit. Historisch kamen die Mediale aber nach der Blüte der großen Refraktoren Ende des 19. Jahrhunderts zu spät; reine Spiegelsysteme waren bereits auf dem Vormarsch. Dennoch gelang es Edwin Rolf unter denkbar widrigsten Umständen, eines der damals weltgrößten Teleskope nach einem noch wenig erprobten Verfahren quasi in Bastelarbeit zu bauen - eine ganz außergewöhnliche Leistung.
  
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