Sternwarte Hamburg-Bergedorf, Januar 2006
 

 
Die Sternwarte Hamburg-Bergedorf ist eine der größten und interessantesten in Deutschland. Ihre Ursprünge
verdankt sie den Bedürfnissen der Seefahrt und der Navigation, die vor allem einen exakten Zeitdienst erforderten.
Mit Ausgang des 19.Jahrhunderts wurden die Aufgabenstellungen immer weiter gefasst und es wurde schnell klar,
dass in der Hamburger Innenstadt keine Möglichkeit für zeitgemäße Astronomie mehr bestand. So stimmte "nach
zähen Verhandlungen", wie es in einer zeitgenössischen Schrift heißt, Senat und Bürgerschaft der Hansestadt
1901 der Verlegung in dsa 20 km östlich gelegene Bergedorf zu. Unter dem damaligen Direktor Richard Schorr,
dessen Portrait heute in der Bibliothek hängt, wurde im Grunde die Sternwarte vollständig neu gegründet, und nur
ein einziges Instrument, das Äquatorial, wurde mit übernommen, während alle anderen Instrumente in der Folge
neu beschafft wurden. Das Gebäudeensemble aus den Jahren 1906 - 1912 und, noch erstaunlicher, auch die
Instrumentierung ist noch heute nahezu vollständig erhalten.
 
Zur Zeit ihres Baus war die Sternwarte auf dem Gojenberg eine der modernsten in Deutschland und in Europa.
Besonders bekannt wurde sie durch das Wirken von Walter Baade, der aber 1931 an den Mount Wilson ging, und
von Bernhard Schmidt, der hier seinen revolutionären Teleskoptyp entwickelte und in Betrieb nahm. Bernhard
Schmidts Grab befindet sich übrigens auf dem Sternwartenareal. Durch die relativ breit angelegte wissenschaft-
liche Ausrichtung wurde nach und nach eine große Vielfalt unterschiedlicher, damals teilweise äußerst innovativer
Teleskope beschafft.

Auf der anderen Seite kann man aber in Hamburg-Bergedorf auch das Veralten eines wissenschaftlichen
Instituts bzw. der ganzen "klassischen" Astronomie und ihrer Methodik studieren: Einerseits verschlechterten sich
die Beobachtungsbedingungen durch das Näherrücken der Stadt immer mehr (besonders vom Wetter begünstig 
war Hamburg allerdings auch vorher noch nie) während andererseits durch die immer größer werdenden Teles-
kope gerade immer höhere Ansprüche an die Reinheit der Luft und an die Dunkelheit des Nachthimmels gestellt
wurden. Diese gewisse Tragig des Niedergangs aus vorheriger Größe, aber auch der neue Aufschwung der
europäischen Astronomie spiegelt sich darin wieder, dass Hamburg-Bergedorf der erste Sitz des 1962 gegrün-
deten ESO war und der damalige Direktor der Hamburger Sternwarte, Otto Heckmann, gleichzeitig auch der
erste Direktor des ESO war. Diese Personalunion ging übrigens deutlich zu Lasten der Hamburger Sternwarte.

1996 wurde das gesamte Areal vom Hamburger Senat unter Denkmalsschutz gestellt. 1998 gründete sich der
"Förderverein Hamburger Sternwarte e.V.", der sich sehr rührig um die Restaurierung und Konservierung der vielen
Gebäude und Instrumente kümmert. Dabei hilft es zweifellos, dass die Sternwarte nach wie vor als Institut der
Fakultät für Physik der Universität Hamburg weitergeführt wird, auch wenn die eigentliche Forschung an den
"aktuellen" Sternwarten, vor allem also in Spanien und Chile, stattfindet. Die äußerst interessante Geschichte
der Hamburger Sternwarte kann auf der sehr ausführlichen Website nachgelesen werden, aber auch in dem
sehr umfassenden und gut geschriebenen Buch "Sterne über Hamburg" von Jochen Schramm.

Ich besuchte die Sternwarte an einem sonnigen Januartag und wurde von zwei sehr freundlichen Damen,
der Bibliothekarin, Frau Vollersen, und der technischen Mitarbeiterin, Frau Müller, über das Gelände und in die
Kuppeln geführt. Dies war ein Entgegenkommen, da die sonstigen Führungen vom Museumsdienst der Stadt
Hamburg organisiert werden. Im Anschluss las ich noch etwas in der sehr schönen Bibliothek (allein dieses
neobarocke Gebäude ist die Reise wert), wobei sich interessante Gespräche mit den zufällig vorbeikommenden
Professoren Kohouthek und Schmitt ergaben. Allen Genannten bin ich für den außerordentlich freundlichen
Empfang zu großem Dank verpflichtet.

Das obige Bild zeigt das so genannte Beamtenwohnhaus.
 
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